Freitag, 8. Januar 2016

Kolumbien (16.12.2015 – 9.1.2016)


Cartagena


In Cartagena waren wir insgesamt eine Woche. Wir kamen etwas geraedert (von Bord der Stahlratte) an, Thomas mit einer Erkaeltung (die er auch an Christina weiterreichte), Christina ein bisschen seekrank. Umso schoener war es, dass wir uns fuer diese Erholungs- und Stadterkundungswoche bei unserem Kapitaen Lulu und seiner ueberaus sympathischen Familie einnisten konnten. Wir wohnten etwas ausserhalb der geschniegelten Altstadt, die als Wohngegend fuer Einheimische viel zu teuer ist. Das war auch gut so, denn sonst haetten wir uns in diese quirrlige, laute, nicht so aufgeraeumte Gegend vermutlich ueberhaupt nicht hingetraut, weil wir nicht gewusst haetten, ob Touristen dort erwuenscht sind. Ganz im Gegenteil dazu wurden wir in den Strassen nett gegruesst, sahen viele Kinder spielen, sowie ausgelassene Versammlungen von Jung bis Alt. Vermutlich war aufgrund der vorweihnachtlichen Ferienzeit mehr los als sonst. Eines Abends liefen wir in die Stadt, um Essen zu gehen und kamen an einer Veranda vorbei, auf der sich bestimmt 20 aufmerksame Kinder um eine Vorleserin scharten. Ein schoener Anblick. Der Nachteil fuer uns an diesem Viertel hingegen war der Hang zu lauter Musik. Grosse, laute Boxen gelten als Prestigeobjekte und werden von Jedem, der es sich leisten kann, vor der Tuere aufgebaut und aufgedreht - ohne Dezibel- oder Zeitgrenzen – je lauter, desto besser. Schlafen war also nicht so.  
 

Die bunte, koloniale Altstadt mit vielen bepflanzten Holzbalkonen ist gespickt mit Laeden, Hotels, Restaurants und Cafes. Aufgrund der kolumbianischen Ferien erwischten wir eine sehr belebte Zeit, in der viele ihre Weihnachtseinkaeufe erledigten. Die Altstadt ist von einer 11km langen, massiven Stadtmauer umgeben, auf der man einmal um sie herum laufen kann. Diese Mauer wurde im 17. und 18. Jahrhundert ueber einen Zeitraum von 200 Jahren von den Spaniern errichtet, um die wohlhabende Stadt vor den haeufigen Angriffen von Piraten besser schuetzen zu koennen. Etwa 20 Jahre nach Fertigstellung, 1811, gewannen die Kolumbianer den Krieg um ihre Unabhaengigkeit und nahmen somit auch die Stadt samt neuer Mauer in ihren Besitz. Im „Palast der Inquisition“ bekamen wir eine informative Fuehrung zur Geschichte der Stadt in gutem, jedoch schwer verstaendlichem Englisch. Hinterher stellte sich heraus, dass der Privatfuehrer astreines Deutsch sprach. Er erzaehlte uns ganz begeistert von seiner frueheren Deutschlehrerin aus Hannover, und dass er das Deutschsprechen vermisse. Leider hatte er uns aufgrund von Christinas Kansas-Slang fuer Amerikaner gehalten und deshalb gar nicht erst gefragt. Tja, so kanns gehen J. Das Castillo San Felipe de Barajas, ebenfalls zum Schutz vor Seeraeubern errichtet, gewaehrte uns noch einige schoene Ausblicke ueber die Stadt und den Atlantik. 


Blick aus Lulus Haus
In der Altstadt
Blick auf Skyline und Altstadt (rechts hinten)
Castillo San Felipe de Barajas
In unserem Lieblingsrestaurant
Im Palast der Inquisition
Altstadt
Altstadt
Weihnachtsstimmung in der Altstadt


Santa Marta


Santa Marta, die erste Kolonialstadt der Spanier in Kolumbien (1524), liegt weiter nordoestlich an der Karibikkueste Kolumbiens. Sie ist kleiner, auch schoen, fuer uns aber nicht so sehenswert wie Cartagena. Beeindruckend jedoch ist die hinter der Stadt aufragende Sierra Nevada de Santa Marta. Mit 5775 m beherbergt sie den hoechsten Berg Kolumbiens und ist gleichzeitig das hoechste Kuestengebirge der Welt. Wenn man in das Gebirge vordringt, kann man nur wenige Kilometer von der Karibikkueste entfernt einen schneebedeckten Berg sehen. Wir wohnten hier in dem fuer uns bisher schicksten Hostel und verbrachten die Tage um Weihnachten herum vorwiegend mit schreiben und organisieren. Nach Weihnachten unternahmen wir einen 2-Tages Ausflug in den etwas oestlicher gelegenen, beliebten Tayrona Nationalpark. Umgeben von tropisch bewaldeter Berglandschaft finden sich hier wunderschoene, raue Karibikstraende. Das Markante der Landschaft sind die vielen riesigen, rundgeschliffenen Steinfelsen, die teilweise in zwei glatt gebrochenen Haelften daliegen. An den meisten Straenden im Park darf aufgrund lebensgefaehrlicher Stroemungen nicht geschwommen werden. Es gibt jedoch ein paar Straende, die durch vorgelagerte Felsreihen etwas geschuetzter sind. Wir uebernachteten in Haengematten und nutzten den ruhigen Morgen, um auf dieser Reise vermutlich zum letzten Mal in den Atlantik einzutauchen.


Auf dem Weg nach Santa Marta
Abendstimmung in Santa Marta
Weihnachtsbeleuchtung in Santa Marta
Leuchtende Echse im Tayrona Park
Tayrona Park
Tayrona Park - Felsformationen

Abendstimmung
Abendstimmung
Rauer Atlantik



Bogota


Bogota ist riesig. Mit 8-9 Mio Einwohnern ist es eine der groessten Staedte Suedamerikas. Es liegt in den Anden auf etwa 2600m Hoehe und wird im Osten von einer Bergkette gesaeumt. Als Tourist kann oder sollte man sich nur in wenigen Stadtteilen aufhalten. Wenn man jedoch mit dem Taxi oder Bus unterwegs ist, bekommt man durchaus ein Gefuehl fuer ihre Groesse und Diversitaet: Gegenueber von Regierungsgebaeuden ein Viertel oeffentlichen Drogenkonsums, ein Reichtumsgefaelle von Nord nach Sued und so weiter. Daneben ist Bogota auch eine Stadt, die viel Kunst und Kultur zu bieten hat: von der groessten praekolumbischen Goldsammlung weltweit ueber internationale und nationale Kunstmuseen (Botero), einen grossen botanischen Garten, bis hin zu vielfaeltiger Strassenkunst (und das ist nur der Teil, den wir besichtigt haben). Vor allem die Strassenkunst hatte es uns hier angetan. Aufgrund einer Duldung, wie sie auf der Welt sonst kaum zu finden ist, gegenueber dieser oeffentlichen, oft politischen Kunst, sammeln sich hier Kuenstler aus der ganzen Welt, vor allem aber aus Kolumbien. Eine Schaetzung belaeuft sich auf etwa 5000 aktive Sprayer. Viele haben sich hier niedergelassen, um dieser Leidenschaft sorgenloser nachgehen zu koennen. Flaechen gibt es genug und man muss maximal mit einer Geldstrafe rechnen, wenn man erwischt wird. Manche Polizisten seien sogar eher angetan, und wuerden manchmal kuenstlerische Ratschlaege erteilen, anstatt Strafen zu vergeben. Wir machten die beruehmte Graffiti-Tour mit, auf der uns ueber unterschiedliche Kunstformen, Kuenstler, die Bedingungen, die Stadt, Politik und Geschichte berichtet wurde. Neben verschiedenen Graffitis findet man unter anderem lebensgrosse, den einfachen Leuten gewidmete Statuen, die an den oberen Stockwerken von Haeusern befestigt sind, sowie Sticker an Schildern und Rohren oder Figuren an Hauswaenden. Je nach Kuenstler einfach Bilder zum Ansehen und wirken lassen, oft aber auch Auseinandersetzungen mit der Gesellschaft, Geschichte und Politik. Fast gleich wo man laeuft oder mit dem Taxi unterwegs ist und sich die Strassen und Bilder genauer ansieht, immer wieder entdeckt man kleine, geniale Details. Definitiv ist die Strassenkunst praegend, fast eine Art Wahrzeichen fuer Bogota, was hoffentlich in Zukunft (es gibt einen neuen Buergermeister) so bleibt.   

Streetart mit vielen Details

Kuna Frau

Politische Kunst

Auch das Goldmuseum war beeidruckend. Es zeigt vor allem Kunst und Nutzgegenstaende der indigenen Voelker Suedamerikas. Man lernt etwas ueber die Materialien und Techniken, die sich ueber der Zeit veraenderten, vor allem aber bekommt man viel, viel Gold zu sehen. Das Botero (Kunst-) Museum hat ebenfalls viel zu bieten. Nicht alles was uns gefiel, aber durchaus interessant. Botero hat einen sehr eigenen Stil. Alle Formen werden in ueberzeichneten Proportionen dargestellt, schlicht – ob Obst, Tier oder Personen, alles ist dick. Das Nationalmuseum (Geschichte),  in einem alten Gefaengnis untergebracht, ist schoen gestaltet, allerdings komplett auf Spanisch und war fuer uns viel Wiederholung zur Ausstellung des Goldmuseums.

Noerdlich der Stadt ist eine beruehmte Kathedrale, die in einem Salzbergwerk untergebracht ist. Sie gefiel uns zwar nicht besonders, dafuer kamen wir in den Norden der Stadt und konnten bei dieser Gelegenheit das Millenium-Bussystem testen, auf das Bogota sehr stolz ist. Es ist organisiert wie eine Metro ohne Schienen und ist besonders fuer die Randbezirke ein Segen, deren Fahrzeit in die Stadt sich dadurch immens verkuerzt hat. Es sei das Bussystem mit dem hoechsten Passagierdurchsatz weltweit, hat man uns erzaehlt. 

Museo de Oro

Weil wir viel Zeit in Bogota verbrachten, zogen wir zwei Mal um, um unterschiedliche Stadtviertel kennenzulernen. Zunaechst wohnten wir in La Candelaria, dem aeltesten Stadtteil Bogotas. Hier wurde die Stadt von den Spaniern gegruendet, beziehungsweise die ersten Haeuser gebaut. Aus diesem Grund ist das Viertel im Kolonialstil. Die meisten Haeuser sind einstoeckig, bunt und recht gut erhalten. In La Candelaria gibt es viele Hostels und dementsprechend auch Gastronomie, es ist aber auch Treffpunkt vieler Studenten der nahegelegenen Universitaet. Auf einem kleinen, zentralen Platz (dem aeltesten der Stadt) sitzen abends – aehnlich wie in Tuebingen – die Leute in Gruppen und trinken ein Bier oder Chicha (alkoholisches Getraenk aus fermentiertem Mais) zusammen. Weiter im Norden gibt es ein Viertel namens Chapinero, in dem grosse, schicke Malls, sowie viele Restaurants und Bars zu finden sind. Obwohl uns dieser Teil nicht so gut gefiel, waren wir doch froh, mal aus dem kleinen, beschaulichen La Candelaria rauszukommen und noch andere Atmosphaeren aufzuschnappen. Beeindruckt hat uns das Preisgefaelle, das wir auf einem Ausflug besonders zu spueren bekamen. Waehrend wir uns normalerweise nur in relativ teuren (fuer Touristen sicheren) Gegenden aufgehalten hatten, kamen wir auf einer Tour durch den deutlich aermeren Sueden der Stadt. Ein Croissant, das in der Mall (im Norden) etwa 1,50 Euro gekostet hatte, kostete in La Candelaria etwa 70 Cent und in einer kleinen Baeckerei nahe der suedlichen Stadtgrenze noch etwa 5-10 Cent. 
In La Candelaria - man beachte den Jongleur
Am Plaza Bolivar
Am Plaza Bolivar
La Candelaria
In unserem schoenen Hostel
La Candelaria
Unendliche Stadt - Blick vom Monserrate
La Candelaria
  
Ein Ausflug, der uns besonders gefiel, ging in den nahegelegenen Sumapaz Nationalpark. Dieser Park beheimatet eine sehr seltene Vegetationsform, die Paramo genannt wird und nur in drei weiteren Laendern zu finden ist. Das Paramo findet sich in Hoehen zwischen 3200 und 4800 m und zeichnet sich durch spezielle Pflanzen (Espeletia) aus, die anhand feinster Haerchen kleine Wassertropfen aus den Wolken aufnehmen und in den Boden weiterleiten. Dieses Wasser laeuft in Seen und Fluessen zusammen und versorgt, im Falle des Sumapaz Nationalparks, den suedlichen Teil Bogotas mit Trinkwasser. Unser Guide, Andres, beschrieb das Oekosystem als eine wasserreiche Wueste – trotz des vielen Wassers ist es ein eher lebensfeindlicher Ort mit geringer Vielfalt an Pflanzen und Tieren. Es leben auch kaum Menschen in den Paramogebieten, weil die Wetterbedingungen hart sind und der Boden wenig fruchtbar ist. Fuer uns stellte sich das in einer sehr eigenen, nie zuvor gesehenen, jedoch wunderschoenen Berg- und Seenlandschaft dar. Wir wanderten zwischen 3600 und knapp 4000m Hoehe (3987, ums genau zu nehmen J). Das Wetter war gut, wir hatten meist gute Sicht und wurden nur auf den letzten Metern etwas eingeregnet. Im Vorfeld wurden wir von Andres auf sehr wechselhafte Bedingungen eingestellt. Wolken hat es da oben immer, da sie an den Bergen haengen bleiben.

Andres, der in Bogota geboren und aufgewachsen ist, konnte uns viel ueber seine Stadt und ihre Entwicklung erzaehlen. Ein sehr gelungener Tag.










Morgen geht unser Abenteuer auf dem amerikanischen Kontinent zu Ende und wir steigen in einen Flieger Richtung Neuseeland. Genaugenommen steigen wir in 3 Flieger: nach Lima, nach Santiago de Chile und schliesslich nach Auckland. Obwohl wir gerne noch vieles in Suedamerika gesehen und erlebt haetten, freuen wir uns nun sehr auf den anstehenden Abschnitt.


Frohes Neues!


Christina und Thomas