Der „Interislander“ verbindet Wellington auf der Nordinsel und Picton in den Malborough Sounds auf der Suedinsel (etwa 3 Stunden Fahrt). Faehrt man aus Wellington los, kommt man zunaechst an einer zerkluefteten Landschaft mit Inseln und Halbinseln vorbei, die tolle Buchten und Wohngegenden beherbergen. Hier hat quasi jeder Anwohner Blick auf den Ozean. Bei ordentlicher Sicht kann man die Suedinsel bereits von dort aus sehen. Im Kanal zwischen den zwei Inseln pfiff ein ordentlicher Wind durch. Als die Faehre fuer kurze Zeit direkt gegen den Wind fuhr, waren wir fast die einzigen an Deck. Man musste aufpassen, nicht umgepustet zu werden. Sobald das Schiff die Marlborough Sounds erreichte, war es wieder ruhig und wir bekamen tolle Ausblicke auf die dicht bewaldeten Fjorde, die in den flacheren Abschnitten von tuerkisblauem Wasser gesaeumt werden. Es gibt einige Fischfarmen und Fischerboote und wenige Haeuser mit kleinen Bootsstegen, ansonsten ist diese schwer zugaengliche Gegend kaum besiedelt. Aufgrund der geschuetzten Lage, soll es hier auch viele Delfine geben.
In Picton angekommen, fuhren wir entlang des „Queen
Charlotte Drive“ Richtung Nelson. Eine sehr schoene, kurvenreiche Strecke
entlang des Queen Charlotte Fjords. Wir nutzten eine der Buchten fuer eine
Mittagspause und fuhren danach weiter nach Nelson. Auf Nelsons Ortsschild
steht: „Live the day“. Ein gutes Motto, das man hier ernst zu nehmen scheint.
Zunaechst kamen wir an einem „Kite-Festival“ vorbei, mit Exemplaren in allen
moeglichen Formen, Farben und Groessen. Unser Favorit war ein grosser
Oktopus-Drache, der jedoch in harter Konkurrenz stand. Ums naechste Eck dann
weitere Kites (der anderen Art) im Blick, die uns auf direktem Weg zum langen Sandstrand
der Stadt lockten. Wir liefen ueber die Duene und sahen: Kiter im Wasser und Frisbeespieler
am Strand. Was fuer ein Ort! Koennt ihr euch das vorstellen? Thomas und
Christina an einem Kite- und Frisbeestrand! Das Besondere an diesem Strand: Es gibt eine grosszuegige, oeffentliche
Infrastruktur fuer die unterschiedlichsten Freizeitaktivitaeten. Angefangen bei
sauberen Toiletten, Duschen und Trinkwasser ueber Volleyballfelder,
Boulebahnen, Trainingsgeraete, eine BMX-Bahn usw. Es war Sonntag und der Strand
war voller Leute beim Joggen, Schwimmen, Stand up Paddlen, Windsurfen, Segeln,
Kiten, Volleyball und Frisbee Spielen oder mit dem Hund Laufen. Ein wunderbarer erster Nachmittag in Nelson. Wir
verbrachten die Nacht auf einem kostenlosen Parkplatz in der Stadt, entschieden
uns dann aber doch fuer einen richtigen Campingplatz und blieben noch ein paar
Tage. Thomas bastelte an neuen Tricks und Christina an ihren Hin- und Herfahrkuensten.
Weiter ging die Reise zum noerdlichsten Zipfel der Suedinsel,
dem „Farewell Spit“. Hier haben Wind und Wasser einen schmalen Duenenstrich
geformt, der sich etwa 25 km ins Meer hineinstreckt. Es ist ein Refugium fuer
viele Vogelarten und leider ein Ort, an dem regelmaessig Wale stranden.
Aufhalten darf man sich nur auf den ersten Kilometern, und so machten wir dort eine
kleine, aber abwechslungsreiche Wanderung. Zunaechst liefen wir am Strand
entlang, was vor allem aufgrund der vielen Voegel interessant ist. Bei der
Ueberquerung des Landzipfels fanden wir uns dann ploetzlich in einer
wuestenartigen Duenenlandschaft wieder, die wir vom Strand aus nicht erahnt
hatten. Auf Bildern kaum festzuhalten, kommt es einem hier so vor, als sei man
in einer kleinen Wueste gelandet. Auf der anderen Seite endet der Strand in einer
Steilkueste. Der Weg biegt in eine trockene Waldlandschaft ab, die ueber die
naechsten ein, zwei Huegel wieder deutlich gruener wird. Fruchtbare Wiesen sind
Neuseeland grundsaetzlich weiss bewollt. Wir hatten keine Wahl: Wir mussten
mehrere Schafherden durchqueren. Thomas stellte sich der Situation mutig. Er lief
voraus und passte auf, dass wir nicht umgeflauscht werden, sodass wir sicher
den Parkplatz erreichten.
Wir fuhren einen nahegelegenen Campingplatz an und machten
einen Abendspaziergang zum abgelegenen Wharariki Beach. Dieser Strand ist nur
ueber einen etwa 20 minuetigen Fussweg durch (natuerlich bewollte) gruene
Huegel zu erreichen. Nach hinten geht der Strand in eine grosszuegige Duene
ueber, vorne hingegen ist er bei Ebbe ganz Flach und es ragen maechtige, bunt
geschichtete Felsen aus dem Wasser. Ein beeindruckender Anblick, der umso
schoener wird, wenn man den vielen Details Beachtung schenkt. In Hoehlen am
Strand ziehen Seehunde im Sommer ihre Jungen gross, die man mit etwas Glueck zu
Gesicht bekommt. In manchen Felsen sind kleine Tidepools versteckt, in denen
Garnelen und andere Tiere schwimmen. Am Strand schimpft ein Vogel mit Thomas,
der sich vermutlich ausversehen dessen Nachwuchs genaehert hat. Duenne
Wasserschichten auf flachem Sand spiegeln Felslandschaft und Voegel wider. Ein
besonderer Strand. Zum Baden leider zu gefaehrlich, aber mit vielem zu
Entdecken. Wir waeren gerne laenger geblieben, waere die Sonne nicht
untergegangen.
Am naechsten Tag regnete es kraeftig und so entschieden wir
uns gegen eine Kuestenwanderung. Wir fuhren stattdessen weiter an die
Westkueste. Nach langer Fahrt ein Stopp
in Westport bei einer Seehundkolonie, dann auf einen schoenen, kleinen Campingplatz
mit leckerer Pizza. Am naechsten Morgen fuhren wir der Kuestenstrasse entlang
nach Sueden. Sie fuehrt zwischen Suedalpen und Tasman See hindurch. In
Punakaiki findet man Felsformationen aus Kalkstein, die wie aufgeschichtete
Pfannenkuchen aussehen (Pancake Rocks). Bei Flut kann man hier ausserdem
„Blowholes“ beobachten, in denen das Wasser durch ein Hoehlensystem hindurchgepresst,
und mit ordentlicher Wucht in die Hoehe gespritzt wird. Ein Stueckchen weiter
suedlich bietet der Kuestenort Hokitika feine Kunst und Schmuck aus Jade.
Am naechsten Morgen erreichten wir den Franz Josef
Gletscher. Wir entschieden uns fuer eine Wanderung auf einen
gegenueberliegenden Berg, von wo aus man - bei entsprechendem Wetter - Blick
auf den Gletscher hat. Die Wanderung war steil und anstrengend, wurde aber
allemal entlohnt. Auf halber Hoehe ein Ausssichtpunkt mit folgendem Aufkleber:
Oben angekommen bekamen wir fantastische Ausblicke ueber den
bis auf wenige hundert Meter ueber den Meeresspiegel wandernden Gletscher, das
dahinterliegende Flusstal bis hin zur Tasman See. Waehrend unseres kleinen
Picknicks bekamen wir Gesellschaft von vier Keas (alpiner Papagei, den es nur
in Neuseeland gibt). Sie umkreisten uns eine Weile und landeten immer wieder in
unserer Naehe, sodass wir gute Gelegenheit bekamen, uns gegenseitig zu
beobachten. Ein schoener Vogel, der fuer seine Neugier bekannt ist. Man sollte in
seiner Naehe kein Equipment unbeaufsichtigt lassen. Der ein oder andere Kea
oeffnet auch mal einen Reisverschluss, wenn er sich fuer den Inhalt eines
Rucksacks interessiert.
Nur 20 km suedlich gibt es einen zweiten, sehr aehnlichen
Gletscher (Fox Glacier). Dieses Mal liefen wir von unten zum Gletscher hin. Aus
Sichereitsgruenden kommt man nur auf ein paar hundert Meter heran, was
allerdings schon einen guten Eindruck der maechtigen Eisschicht vermittelt. Besonders
schoen sind auch die glaetschernahen Gewaesser, die aufgrund des hohen
Mineralgehalts teils kraeftige Farben haben.
Weiter ging die Reise ueber den wunderschoenen Haast-Pass
nach Wanaka. Diese kleine Stadt zwischen einem grossem See und den Bergen der
Suedalpen bietet vielfaeltige Ausflugsmoeglichkeiten, ob in der Luft
(Gleitschirm, Drachen, etc.), mit dem Fahrrad, beim Wandern, Canyoning oder
Kayaken. Wir liehen zwei Mountainbikes aus und fuhren einen Trail, der in der
Schwierigkeit variabel war. So hatte Thomas ein bisschen Spass und Christina
die Moeglichkeit, alle Spruenge saeuberlich zu umfahrenJ. Eine super schoene Gegend.
Etwa 100 km weiter liegt Queenstown. Es ist ebenfalls
zwischen Alpen und grossem See gelegen, jedoch deutlich touristischer als
Wanaka. Hier kommt man hauptsaechlich her, um einen Skydive, Bungeejump,
Gleitschirmflug oder Aehnliches mit Aussichten auf kantige Bergketten und den
See zu unternehmen. Da wir nichts dergleichen vorhatten, belieβen wir es bei
einer kleinen Wanderung auf den Hausberg und fuhren danach weiter nach Te Anau.
Te Anau ist ein kleines Staedtchen im Fjordland Neuseelands,
von wo aus man Ausfluege in die einzelnen Fjords unternehmen kann.
Von hier aus besuchten wir den bekanntesten Fjord
Neuseelands, den Milford Sound. Er wird unter anderem durch steile, hohe
Felswaende geformt, aus denen bei Regenwetter (also fast immer) zahlreiche,
kraeftige, Wasserfaelle entspringen. Auf einer Bootsfahrt im Fjord kann man
sich das aus der Naehe ansehen. Fjordland ist ein riesiges Naturschutzgebiet mit
vielen seltenen Pflanzen und Tieren. Einige der endemischen (nur in Neuseeland
heimischen), bedrohten Tierarten finden hier einen der letzten geschuetzten
Lebensraeume.
Eine kleine Wanderung in der Naehe des Milford Sounds war
zwar sehr nass, dennoch interessant. Die Vegetation ist hier aufgrund des
Wasserreichtums sehr speziell. Ausblicke auf die umliegenden Berge gab es
zwischen den Wolken leider nur wenige.
Unsere
zweite Unternehmung im Fjordland war eine 3-Tages-Wanderung auf dem Kepler
Track. Er gehoert zu Neuseelands „Great Walks“ und ist im Sommer gewoehnlich
bereits Monate im Voraus ausgebucht. Wir
hatten das Glueck, die Schlafplaetze von 2 abgesprungenen Wanderern kurzfristig
uebernehmen zu koennen. Die Wanderung ging 50 km auf knapp 200m bis 1400m Hoehe.
Die sportliche Herausforderung bestand fuer uns vor allem darin, das komplette
Essen fuer die Tage, sowie Toepfe, Schlafsaecke etc. ueber die Berge zu tragen.
Nichts desto trotzt ist dieser Weg jeden einzelnen Schritt wert! Der erste Tag
fuehrt am Lake Te Anau entlang und schlaengelt sich dann den Mt. Luxmore hinauf
zur ersten Huette. Bei ordentlichem Tempo schafft man diese Etappe in 4-5
Stunden und hat danach die Gelegenheit, eine nahegelegene Kalksteinhoehle zu
erforschen oder am „Naturewalk“ des Parkrangers Peter Jackson teilzunehmen.
Peter ist seit 2-3 Jahrzehnten Ranger auf dem Kepler Track. Er weiss gut
Bescheid ueber die Tier- und Pflanzenwelt des Parks. Interessierten gibt er sein
angesammeltes Wissen gerne und in seiner sehr eigenen, humorvollen Art weiter. 1-2
Stunden erklaerte er uns so einiges ueber einzelne Pflanzen, Berge, Menschen
und allerhand, das ihm als hervorhebenswert erschien.
Nach einem
denkbar simplen Abendessen sassen wir in netter Gesellschaft auf der Terrasse
und genossen die schoene Aussicht im Sonnenuntergang. Bei klarem Wetter bekommt
man an diesem abgelegenen Ort einen bemerkenswerten Nachthimmel, der uns von
Peter ein bisschen aufgedroeselt wurde. Unter anderem zeigte er uns, wie man
mithilfe des Suedkreuzes die Stelle bestimmen kann, an der im Sueden die
Erdachse liegt. Mit diesem Wissen kann man beobachten, wie sich die Sternenbilder
im Verlaufe der Nacht um die Stelle herum bewegen. Eine kleine Aufmunterung, wenn
man nachts mal aufs Klo muss :-).
Der zweite Tag fuehrte zunaechst
auf den Gipfel des Mt Luxmore, dann fuer einige Stunden auf einem Bergkamm
entlang. Dies war fuer uns der schoenste Abschnitt der Wanderung. Wo das Auge
hinsah: Berge, Fjorde, Waelder vor blauem Himmel. Danach der anstrengende
Abstieg zurueck ins Tal. Die Huette steht geschickt plaziert auf einer Wiese im
Wald mit nahegelegenem Fluss. Dieser ist zwar sehr kalt, aber dennoch eine
grosse Freude nach 2 Tagen Wandern in der Sonne ohne Dusche.
Am dritten Tag fuehrte der Weg durch vermooste Buchenwaelder
einem Flusstal entlang zurueck. Morgens war es noch sehr neblig und es regnete
ein paar Tropfen, dann klarte der Tag auf und wurde genauso sonnig, wie die vorhergehenden.
Dazu sollte erwaehnt werden, dass 3 Tage sonniges Wetter am Stueck in
Fjordland, dem regenreichsten Gebiet Neuseelands, eine absolute Seltenheit
sind. Beeindruckend war die Durchquerung eines Erdrutsch-Gebietes, der sich vor
etwa 30 Jahren nach heftigen Regenfaellen ereignete. Eine riesige, kahle Stelle
im Wald (ich meine mich an 28 Fussballfelder zu erinnern), auf der noch heute
die Baeume nicht so richtig wachsen wollen. Nach einer kurzen Mittagspause an
einem grossen See, legten wir die letzten Kilometer des Tracks zurueck. Zwei
sehr Nette Kiwis, Vater und Tochter, die wir unterwegs kennen gelernt hatten,
nahmen uns mit zu unserem Parkplatz.
Eine tolle und abwechslungsreiche Wanderroute!
Bis hierhin unser zweiter Neuseelandbericht. Wir hoffen, es
geht euch allen gut!
Viele Gruesse,
Christina und Thomas